Roth (lkm) „Unser Team hat fünf Millionen Profis und alle kommen aus der eigenen Jugend!“ Davon kann selbst der neue Bundestrainer nur träumen. Doch das Handwerk darf zurecht mit diesem Slogan werben. Ein Teil dieser riesigen Gruppe fand sich nun in der Rother Kulturfabrik ein, wo 168 frisch ausgebildete Junggehilfen ihre Gesellenbriefe entgegennahmen. Während der bis zu dreieinhalbjährigen Lehrzeit haben alle diesem Moment entgegengefiebert. Der volle Saal entlockte dort zur Begrüßung Kreishandwerksmeister Klaus Weber ein erfreutes „Wow!“ Das aber sogleich in ein großes Lob für den Fleiß und das Durchhaltevermögen der jungen Damen und Herren mündete: „Sie haben es geschafft!“ Auch wenn die Tage in den letzten Monaten wohl etwas länger als gewohnt gewesen seien. Nun aber sei die Wandlung wunderbar vollzogen: vom Schüler über den Auszubildenden zum „motivierten und qualifizierten Handwerker mit besten Zukunftsaussichten!“ Auch über den Rahmen der Veranstaltung zeigte sich Weber zufrieden. Es war das zweite Mal, dass es eine Freisprechung der Kreishandwerkerschaft Mittelfranken-Süd für beide Landkreise (Roth und Weißenburg-Gunzenhausen) gab. Dadurch „werden die Klassenverbände nicht mehr auseinandergerissen.“
Dies unterstrich auch der gastgebende Landrat Ben Schwarz: „Menschen denken nicht in Grenzen, sondern in Möglichkeiten“. Das hätten vor allem die nun Freizusprechenden beherzigt, die als Gesellen auch bei der Bewältigung der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen gefragt seien: „Das Handwerk war nie richtiger als jetzt!“ so Schwarz, der dessen gestalterische Kraft beschwor. Bislang hätten die Nachwuchsprofis alles richtig gemacht. Nun gelte es den eigenen Handlungsspielraum für sich und die Region zu nutzen: „Ich zähle auf Sie – starten Sie durch!“ Natürlich erst nach der verdienten Pause, die ihnen allen der Ausbildungsabschluss beschert hat.
„Aber ich hoffe, Sie sind nicht zu erschöpft, um sich feiern zu lassen“, eröffnete Christian Sendelbeck seine Festansprache. Der Vizepräsident der in Nürnberg angesiedelten Handwerkskammer für Mittelfranken kleidete die Ausbildungsjahre in eine Brückenmetapher. Die Lehrjahre hätten es den 168 ermöglicht, Hindernisse zu überwinden, um danach neues Ufer betreten zu können. Wie eine Brücke habe auch das Ausbildungssystem zwei Seiten – Theorie und Praxis. Dass solche Bauwerke aus ganz verschiedenen Materialien bestehen könnten, zeuge wiederum von der Vielfalt der Handwerksberufe. Es sei auch gut zu wissen, dass solche Bauten Schwingungen standhalten könnten. Ab einer gewissen Länge brauche es freilich Stützen. Solche hätten die angehenden Junggesellen in menschlicher Form bei ihren Partnern und Eltern sowie Lehrern und Ausbildern gefunden. Nun dürfe auch die Politik nicht vergessen, für die richtigen Rahmenbedingungen zu sorgen. Die jungen Profis ermunterte er wiederum zum ehrenamtlichen Engagement und dazu, ihrerseits nun den Berufsnachwuchs an die Hand zu nehmen. Angst vor Langeweile brauche keiner zu haben: „Bei unseren Konjunkturzahlen brauchen wir uns nicht zu verstecken!“ Vor der Aushändigung der Gesellenbriefe nutzte wiederum Weber die Gelegenheit, die bei einer Parteiveranstaltung in Weißenburg in die Kritik geratenen Berufsschulen zu verteidigen. Sie könnten alles aufweisen: kompetente und engagierte Lehrkräfte, aktuelle Lehrpläne und zeitgemäße Ausstattungen. Hier sei in beiden Landkreisen viel investiert worden, so der Kreishandwerksmeister. Auch die Leistungen der Prüfungsbesten und Kammersieger sprächen eine deutliche Sprache. Sie erhielten als Erinnerung mit Schwabacher Blattgold veredelte Pflastersteine. „Seien Sie stolz auf das Erreichte!“ forderte er aber vor der Vergabe alle 168 auf. Bei dieser selbst ließen es sich etwa die Zimmerer nicht nehmen, in Kluft zu erscheinen. Die jungen Maler „bringen nun Farbe ins Spiel“, so Weber, als jene an der Reihe waren. Und er weckte Erwartungen, als er versprach, dass auch an Weihnachten die neuen Heizungsexperten sich um ausgefallene Anlagen kümmern und die freigesprochenen Elektrofachkräfte selbst an Heiligabend die Sicherungen auswechseln, „falls die Geschenke zu viel Strom gezogen haben.“ Wahre Kunstwerke fänden sich indes regelmäßig unter den Gesellenstücken der Schreiner. Zum Höhepunkt der Veranstaltung konnte der Kreishandwerksmeister die jungen Profis offiziell von den Verpflichtungen der Lehrverhältnisse freisprechen. In früheren Zeiten sei dies der Zeitpunkt gewesen, ab dem der Lehrherr seinem bisherigen Zögling „keine Schelle mehr geben darf“, so Webers Blick in die Annalen. Bevor er die 168 bat, sich von den Plätzen zu erheben: „Als Lehrlinge sind Sie aufgestanden – als Gesellen dürfen Sie sich wieder setzen“, vollzog Weber schließlich ganz offiziell die Freisprechung.
Als Prüfungsbester der Schreiner ging Kilian Schneider vom Betrieb Thomas Gruber, Pleinfeld-Walkerszell, hervor.